Gnade

Gnade

Wahrscheinlich die fundamentalste Erfahrung Gottes in der Geschichte des Christentums ist die Erfahrung seiner Gnade. Sie wird herkömmlich als eine Art übernatürliche Gabe Gottes beschrieben, in der Menschen aus totaler Kontingenz etwas Wunderbares, oft ihr Leben grundsätzlich Veränderndes  geschenkt bekommen. In der Bibel und in der Theologie wird dementsprechend das Verhältnis von Menschen zu Gott grundsätzlich als eine Beziehung der Gnade begriffen: dass Gott sich überhaupt den Menschen zuwendet ist bereits ein Zeichen seiner Gnade und seines Wohlwollens. Insbesondere in der äußerst einflussreichen Arbeit des Psychiatrikers William Meißner wird Gnade als etwas beschrieben was die menschlichen Fähigkeiten zu Selbstverwirklichung erheblich erweitern kann. Die Erfahrung von Gnade wandert sozusagen in die Ressourcen des Ego ein und macht geistliches und moralisches Wachstum möglich. Sie hat, so betonen andere, ganz grundsätzlich etwas mit unbedingter Annahme des Menschen durch Gott zu tun und wird deswegen gesucht, kann aber nicht erzwungen werden.

Empirische Studien belegen, dass es sich bei Gnade nicht nur um ein theoretisches Konzept handelt. Demgemäß wird Gnade häufig in problematischen Situationen erfahren, in denen allerdings Schönheit und Wunder wahrgenommen werden konnten. In einer neueren Studie von Tine Schelleken, Annemie Dillen und Jessie Dezutter kann tatsächlich belegt werden, dass einer Gnadenerfahrung meist etwas Unangenehmes vorausgeht und sie vor allem mit dem Empfang eines unverdienten freien Geschenks zu tun hat was auf eine Fehlleistung folgt und als Begegnung mit der Gottheit und Schönheit interpretiert wird. Die Folge ist eine Transformation auf einer zwischenmenschlichen, inneren oder auch situativen Ebene. Die entsprechenden Erfahrungen können alle möglichen Formen und Inhalte betreffen. Eine gewisse Nähe verbinden sie mit der japanischen Praxis des Kintsugi, das Zusammenfügen gebrochenen Porzellan zu einer neuen Gestalt. „Like in Kintsugi, the experience of Grace makes us stronger, and the healed ruptures and changed brokeness are witnesses of hope, love and light along our way of life.“

Die Erfahrung von Gnade geht zudem häufig mit einer gewissen Ehrfurcht einher. Sie stellt sozusagen eine positive Resonanz auf eigene Heteronomie dar: es ist etwas mit mir passiert was jenseits meiner eigenen Kontrolle liegt und ich hätte es auch nicht allein aus mir selbst bewältigen können. In Form von Gnade transzendiert es die Möglichkeiten meiner Kontrolle. „Maybe the experience of Grace can help people to get in touch with their own limits and the awareness that autonomy needs heteronomy.“

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